Der Leidensdruck wächst, Du kommst aus Deinem Gedankenkarrussel nicht mehr ohne massive Ablenkungsmanöver heraus, die Gespräche mit Freunden und Familie bringen Dich nicht weiter... und Du überlegst Dir: sollte ich mir vielleicht doch professionelle Hilfe holen?

Dann verwirfst Du den Gedanken wieder. Ein paar Tage oder Wochen später bist Du wieder an dem gleichen Punkt. Doch dann, die nächste Hürde in Deinem Kopf: 'Was, ich bin doch nicht verrückt, ich brauch doch keine Therapie!'
Du liest Selbsthilfebücher und machst Übungen, aber irgendwie läuft unterschwellig ein Dauersoundtrack, der Dir die Lebensfreude untergräbt.
Du ringst Dich durch, doch mal nach einem*r Psychotherapeut*in zu googlen. Vielleicht sogar, dort anzurufen. Dann heisst es leider sehr oft: 'Wir können Ihnen eventuell in vier Monaten einen Therapieplatz anbieten'. Das ist eine lange Zeit, wenn der Leidensdruck so groß ist, das man diesen ersten Schritt schon gewagt hat.
Denn dieser Schritt ist ein ganz wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Heilung. Wenn Du bereit bist, Dein Problem anzugehen, ist das quasi schon die halbe Miete. Wenn man in so einem entscheidenden Moment ausgebremst wird, kann das einen um Längen zurückwerfen.
Die gute Nachricht ist: es gibt Alternativen. Sie können zur Überbrückung der Wartezeit genutzt werden oder auch als Möglichkeit, einen etwas unkonventionelleren Weg zu wählen.
Viele Therapeuten, die keine Kassenpatienten annehmen, haben noch Plätze frei bzw. kürzere Wartezeiten. Natürlich macht man sich da Gedanken über Finanzierbarkeit und eventuell auch über die Seriosität solcher Praxen.
Zum ersten Punkt ziehe ich gerne den Vergleich zu einem Urlaub, der in folgendem Umfang ungefähr soviel (oder sogar mehr) kostet, wie eine privat gezahlte Therapie. Sagen wir mal, Du hast zwei Wochen frei und buchst an einem schönen Ort ein Zimmer oder eine Ferienwohnung, gehst dort öfters Essen, schaust Dir Sehenswürdigkeiten an, kaufst Dir Souvenirs etc. Am Ende dieser Zeit kommst Du erholt, aufgetankt und glücklich zurück. Du zehrst vielleicht auch noch einige Zeit von diesem Urlaub. Aber ein grundlegendes Problem von Dir hat er nicht gelöst...
Zur Wahl des Therapeuten gibt es einiges zu sagen, hier in Kürze: suche nach einem, der die Heilerlaubnis und damit eine Zulassung hat. Nur diese dürfen auch den Begriff 'Psychotherapeut*in' bzw 'Heilpraktiker*in für (oder 'beschränkt auf das Gebiet der') Psychotherapie' verwenden. Die jeweiligen vorhergehenden Ausbildungen gehen in ihrer Länge und Intensität zwar stark auseinander, allerdings werden alle von offiziellen Stellen und Amtsärtzten geprüft und müssen nachweisen, dass sie sich mit den verschiedenen psychischen Krankheiten und Störbildern auskennen und verantwortlich damit umgehen können, d.h., auch wissen, welche Therapieform gut für das jeweilige Anliegen geeignet ist und welche Patienten sie an Kollegen weiterverweisen müssen.
Man bekommt also von einem*r Therapeut*in ohne Kassenzulassung eine mindestens genauso gute Behandlung. Glaub mir, ich habe im Zuge meiner eigenen Ausbildung auch verschiedene Therapien selber durchlaufen und habe gute und schlechte in beiden Anbietersparten kennengelernt. Natürlich kommt es zudem noch immer auf den einzelnen Menschen an und ob die Chemie stimmt.
(Mehr zu Psychotherapie außerhalb der Kassenleistung gibt es in einem weiteren Beitrag.)
Fazit: wenn Du einen Handlungsbedarf verspürst und Dich bereit für Unterstützung fühlst, kannst Du sie bekommen... Der erste Schritt ist schwierig, man muss sich eingestehen, das es gerade nicht mehr so weitergeht und man Hilfe braucht. Aber Du wirst es nicht bereuen, denn Du hilfst Dir schlussendlich selbst. So wie Du Dein Auto in die Werkstatt bringst oder zum Arzt gehst, wenn Du krank bist.
Ich wünsche Dir einen guten Sonntag
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