Gefühle fühlen..


Wir weichen so oft unseren unangenehmen Gefühlen aus und versuchen uns statt dessen abzulenken, in dem wir vielleicht Serien schauen bis zum Abwinken, oder aber zur Flasche (u.a.) greifen um uns einzulullen oder in dem wir auf eine andere Art und Weise möglichst nichts fühlen. Die Hochgefühle sind eventuell sogar willkommen, aber auch bei deren Auftreten sind wir vielleicht schon auf der Hut, weil wir denken, wir fallen danach in ein Loch, also bleibt die Devise 'bloß nicht zu viel fühlen'. 

Warum ist das so? Sind Gefühle denn gefährlich? Sollte man sie möglichst vermeiden? Oftmals erlebe ich in meiner Praxis dabei zweierlei Umgang mit Gefühlen: die einen steigern sich eher in sie hinein und sind dadurch bisweilen instabil und befürchten, die Kontrolle zu verlieren, die anderen vermeiden tunlichst, sich ihren Gefühlen zu stellen und empfinden wenn dann eher eine Leere, befürchten aber oftmals (unbewusst) einen Stausee an Gefühlen hinter der Wand, durch die sie nicht blicken können.

Am gesündesten wäre natürlich der Mittelweg. Gefühle gehören zum Leben dazu, gute wie schlechte, glückliche wie schmerzhafte. Sie kommen und sie gehen. 

In diesem Zusammenhang ist es interessant zu schauen, wie in der eigenen Familie mit Gefühlen umgegangen wurde, was hat man da gelernt? Gab es Jemanden, der vom Umfeld als 'überemotional' oder gar hysterisch bezeichnet wurde? War da vielleicht eine aufbrausende, oft wütende Elternfigur? Oder ein stiller, undurchsichtiger Eigenbrödler? Oder eine Person, die immer alles unter Kontrolle hatte, immer intellektuell auf alles reagiert hat? Oder Jemanden, der immer gut drauf war und 'auf einmal' depressiv wurde? Wie ging man mit Schicksalsschlägen um? Wie mit Wut, Trauer, Freude, Glücksmomenten? Wie erinnerst Du Dich an die einzelnen Mitglieder in Deiner Ursprungsfamilie bzw. dem Setting, in dem Du aufgewachsen bist? Welche Bewertungen wurden an die jeweiligen Erscheinungen geheftet? Was für Informationen über den Umgang mit Gefühlen hast Du dadurch wohl gelernt? Welche Rolle hast Du dann (meist unbewusst) übernommen?

Manchmal reicht es auch einfach, ein Gefühl 'auszuhalten', es tatsächlich zu fühlen. Das kann ein Katalysator sein. Speziell bei den traurigeren, wenn es um Abschied und Schmerz geht, Wenn wir da ständig ausweichen, stauen sich die Gefühle immer mehr an und können sich dann mitunter in psychosomatischer Form chronifizieren. 

In der Psychotherapie wird der Klient durch die Gefühle begleitet. Sie dürfen gefühlt werden, in einem sicheren Raum, sie dürfen betrachtet und geachtet werden. Man kann schauen, wie ihre Unterdrückung sich auf den Alltag, auf das Leben, auf die Gesundheit auswirkt. Wir erkunden, wo und wie Du Dich in sie hineinsteigerst oder sie vermeidest. Wir finden heraus, wie Du mit Deinen Gefühlen umgehen kannst, damit sie Dich nicht überwältigen, damit Du sie 'dosieren' lernst und mit ihnen im Einklang leben lernst. 

Ein Leben ohne Gefühle gibt es nicht. Wie wir mit den Gefühlen umgehen, ist das Entscheidende.

Da fällt mir ein Gespräch aus dem Herr der Ringe Film ein. Frodo sagt zu Gandalf: 'Ich wünschte, ich hätte den Ring nie bekommen, ich wünschte, all das wäre nie passiert!' Darauf antwortet dieser: 'Das tun alle, die solche Zeiten erleben, aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Wir müssen nur entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist...'






www.franziska-kleffel.eu

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